KINDHEIT

"Vogelfrei"

 

Das Gras um unser Haus ist fast so hoch wie ich.

Es macht großen Spaß Wege hineinzulaufen. 
An meiner Lieblingsstelle hab ich alles schön plattgedrückt. 
Mein kleines Haus, in das ich mich verkriechen kann.

Liegend beobachte ich einen Käfer, der gerade vom Wind auf einem der langen Gräser hin und her geschaukelt wird.

Die Wolken sehen lustig aus und die Sonne ist warm. Sie prickelt auf meinen Körper. 
Die kühle Erde ist frisch und angenehm.

Keiner sieht mich hier und wenn ich es nicht möchte, dann findet mich hier auch niemand.

Es ist mein geheimer Ort und ich mag mein kleines Geheimnis.

 

Gleich neben mir fließt der Bach, über welchen ich gerade gesprungen bin.

Gestern hab ich da wieder einen Fisch gefangen. Einen Großen! 
Mit meinen eigenen Händen.

Ganz langsam hab ich mich angeprischt, bis ich ihn greiffen konnte. 
Wie er gezappelt hat!

Iim Eimer schwimmend bewunderte ich ihn. Er glitzerte mit seinen schönen, farbigen, silbernen Schuppen.

Ein paar Meter weiter ist er jetzt in seinem neuen Becken.

Dort schwimmt er an einer Stelle, die wie ein kleiner Stausee, mitten im Bach, ihr eigenes kleines Reich für ihn bildet. 
Er ist mein Freund und ich geh ihn oft besuchen.

 

Neulich hab ich mit meiner Freundin sogar einen Wasserfall gebaut, damit auch genug Sauerstoff hineinkommt, zu unseren Forellen.
Es sah wie ein kleines Paradies aus.

Da war eine Quelle, hinter der Wiese, oben am Waldrand. 
Wie erfolgreiche Schatzsucher haben wir haben uns gefühlt, als wir sie entdeckt haben.. 
Nur noch wenige Spatenstiche brauchte es und schon floss das Wasser direkt ins Becken. 
Wir waren sehr zufrieden, wie gut wir sie  versorgt haben, unsere Fische.

 

Wenn ich sonst mit meinen Freunden spiele, zämen wir auch echte Drachen, die wir durch die Lüfte sausen lassen und unsere Fahrräder verwandeln sich in die tollsten Pferde. 
Wir klettern auf die Bäume und stellen uns vor, dass wir Affen sind, die von Ast zu Ast springen. 
Heute Abend wollen wir hier oben auch übernachten, denn in einer der Astgabeln liegt es sich besonders gemütlich.......

 

Übernachten durften wir nicht... 
...und ja, es hat Ärger gegeben, dass wir die Wiese umgegraben haben. 
Wir wussten doch gar nicht, dass sie jemandem gehört und derjenige das nicht gut findet.

Auch den Bach aufstauen schimpften die Erwachsenen großen Mist, weil das Wasser im Bach weiter unten dadurch weniger wurde. 
Dabei war das doch ein Paradies für die Fische und was soll daran so schlimm sein, wenn der Wasserstand da ein bischen niedriger ist? 
Ein paar von den Forellen haben wir sogar von unserem Taschengeld auf dem Wochenmarkt gekauft, damit sie weiterleben dürfen. 
Eigentlich sind wir Helden und sie verstehen das nur nicht, die Großen.

Auch unsere Nachbarin hat sich bei meiner Mama beschwert, als wir unsere Baby-Flusskrebse im Dachboden als Haustiere gehalten und gepflegt haben. 
Dabei war das unheimlich spanndend, denn Einer wurde sogar zum Einsiedlerkrebs! Er ist in ein Schneckenhaus eingezogen, welches wir zur Deko reingelegt haben.
Sie waren ganz zufrieden in ihrem neuen Heim.
Die Nachbarin dachte da wären Mäuse oder Ratten und hätten sie nicht so gescharrt, wären sie nie gefunden worden. 
So mussten wir sie wieder aussetzen und konnten sie leider nicht mehr weiter erforschen.

Da gibt es Einiges, wo die Erwachsenen echt seltsam sind und uns gar nicht verstehen.
Zum Beispiel jagten sie uns auch ständig wieder vom Flachdach-Häuschen am Spielplatz nebenan. Dabei hat es so einen Spaß gemacht die Regenrinne hochzuklettern und stolz oben drauf zu sitzen um miteinander zu sprechen. Es war ja nichtmal hoch und zum wieder runter zu kommen haben wir uns echt coole Techniken erarbeitet. Schade.


Dann am Abend wenn wir wieder mit nassen oder dreckigen Klamotten heim kamen, hörten wir auch immer das gleiche.. aber wie soll man denn beim arbeiten in der Natur sauber bleiben?
 
Naja.. Ich hab nur mit halbem Ohr hingehört, denn und ich freu mich auf morgen, wo wir uns wieder treffen wollen, um das Baumhaus zu bauen, das wir heute geplant haben. 
 
Und wenn sie weiter so rummeckern, dann ziehen wir da einfach ein.. in unser Baumhaus, auf unseren Baum, auf unsere Wiese, neben dem Haus, an unseren Bach... und mein Fisch ist dann mein Haustier.

Ich bin glücklich. Die Welt ist in Ordnung.

WAHRHEIT


"EDEN"


Ich habe ein Bild, tief in mir;

Mehr ist´s ein Gefühl von Freiheit und Sein,

von dürfen und leben.

Wohin ich auch Reise auf meinem Weg, 

kaum einen Bruchteil davon finde ich, darf nicht sein.

Muss mich verbiegen, anpassen, verstellen.  

Verdränge was mich ausmacht, finde mich ab mit dem Wenigen.
 

Doch plötzlich stand ich vor dem Garten Eden.. 

Es war Besuchstag letzte Woche.. „Tag der offenen Tür“.

Ein Schnuppern in den Duft der Reinheit,

ein Gang durch die Gärten der Liebe.

Ein Gefühl von Absolutheit durchströmte mich,

der Wind blies alles hinfort was ich nicht war.

Angenommen, angekommen, geliebt..

 

Dann kam der Abend,

viel zu schnell,

die Pforten schlossen sich,

ließen mich zurück auf der kalten Straße der Welt...

Und dort stehe ich noch immer,

den Blick auf die Mauern gerichtet,

fühle ich noch den Frieden und die Wärme, 
höre ich noch mein Lachen aus dem Inneren.

 

Ich könnte mich abkehren, doch wohin..

in meine falsche Welt,
wo ich doch nichts weiter tat, als mit immer und immer wieder neu aufgebrachter Kraft  zu versuchen glückliche Augenblicke schaffen, um den nächsten Schlag zu überleben.

Nein, das ist nicht mehr mein Weg, denn nun weis ich.. Eden, deine Wahrheit begleitet mich jetzt und für immer, 
schenkt mir tiefen Frieden, 
denn ich muss rein gar nichts werden, ich darf - einfach - sein.

EINSAMKEIT


"Einsam bist du"


Einsam bist du, wenn du dich freust, dass dich eine Telefonumfrage kontaktiert und du beginnst sie mit eigenen Fragen im Telefon zu halten.

Einsam bist du, wenn du den Zeugen Jehovas anbietest im Gästezimmer das Nachtlager aufzuschagen.


Einsam bist du, wenn Du dir nicht nur laut Fragen stellst, sondern gleich noch begeistert die Antworten drauf gibst.


Einsam bist du, wenn du beginnst über dir selber Witze zu erzählen und darüber zu lachen.


Einsam bist du, wenn du die Wohnung nochmal gründlich sauber machst, damit sich dein unangekündigter Besuch auch wohlfühlen würde.


Einsam bist du, wenn du dieses kalte Gefühl in der Brust nicht mehr los bekommst.


Einsam bist du, wenn du dich lieber betrinken willst, als noch einen Abend allein zu Hause zu erleben.


Einsam bist du, wenn du deine Ärzte öfter siehst als einen anderen Menschen.


Einsam bist du, wenn dein Psychologe dir sagt, dass mehr als 2 Termine pro Woche nicht möglich sind.


Einsam bist du, wenn sich dein Tages-Glück ums Essen dreht.

Es gibt so viele Möglichkeiten einsam zu sein.. 
doch wirklich einsam bist du nur,


wenn du dich selbst nicht genug wertschätzt, 

um auch gerne Zeit mit dir allein zu verbringen.

KIND GEBLIEBEN


"Evas Vermächtnis"


Es läuft ein Lied im Supermarkt. 
Eigentlich wollte ich nur schnell ein paar Dinge holen, geschäftig in meinem Kopf meine Tagespunkte ablaufend.. doch da ist dieser Rhythmus. 
Erst geh ich im Takt, dann tanze ich durch die Regale.

Die Leute sehen mich verwundert an.
Erstaunt, ungläubig, manche kopfschüttelnd, andere lächelnd.
Der Eine oder Andere hält mich mich deutlich für sonderbar und verrückt.

Ich werd doch etwas unruhig. Die Blicke, sie holen mich zurück in die steife Realtiät.
Vielleicht sollte ich nicht zu sehr aufzufallen,
aber es ist zu schön. Ich schließe kurz die Augen und tanze weiter.

 

In schönen Kleidern und guten Schuhen gehe ich durch die Stadt.
Mein Magen knurrt und es duftet gut in der Nähe. 
An einem Strassenverkauf finde ich etwas leckeres zu Essen. Ich fühl mich wohl, es ist ein schöner Tag und ich genieße die Wärme und die frische Luft. Nirgends ist eine Bank zu sehen, also setze ich mich neben einem Haus einfach auf den blanken Boden. Früher hab ich das oft und gerne gemacht. Erinnerungen werden wach. Ich genieße meine Mahlzeit. Die Leute hetzen an mir vorbei, ich seh ihnen gemütlich kauend dabei zu.

Mir ist bewusst, was für einen Anblick ich biete, doch der kleine Rebell in meiner schicken Hülle behält heute die Oberhand und freut sich. 

 

Nun sollte ich aber los. Ich hab noch viel zu erledigen. Wenn ich alles heute noch schaffen möchte. Es ist höchste Zeit, denn die Wege sind lang. 
Gehen dauert eigentlich zu lange, aber einen Bus gibt es nicht in der Nähe.
Ich sollte ich rennen, aber wie sieht das aus. Also atme ich tief durch und fange an im Hopserschritt zu laufen.

Die ersten Meter komme ich mir komisch vor. 
Haben mich eben noch die Meisten beim Essen ignoriert, starrt mich jetzt wirklich jeder an.

Das Gute am Hopsen ist, dass man den Blicken schnell enthüpft und es fühlt sich gut an in Bewegung zu sein.

Es ist ein herrlicher Tag mitten im Sommer! 
Was gibt es Schöneres, als nur in einem luftigen Kleid und barfuß draussen unterwegs zu sein. 
Entschlossen  befreie meine dankbaren Füße und stecke ich meine Schuhe in die Tasche.
Verbunden mit dem Boden, geerdet und bedacht bei jedem Schritt, die kleinen Steinchen fühlend, genieße ich die nächsten Minuten.
Es war ein langer Tag und ich bekomme wieder Appetit.
Das Restaurant gleich neben mir sieht einladend aus. 
Ich lese die Speisekarte und trete guter Dinge ein.

Missbilligende Blicke treffen mich. Schon wieder verstoße ich gegen die Etikette.

 

Gedanken schießen durch meinen Kopf. 
Wieso sind meine gepflegten Füße anstössiger als anderer Leute schmutzige Schuhe?
Wen könnte es denn wirklich stören wenn man ein Liedchen pfeifft oder fröhlich singt beim Spaziergang durch den Wald oder Einkaufspark? 
Warum ist es so seltsam im Wartezimmer zu sprechen? 
und vor allem: 
Warum schauen manche so entgeistert, nur weil man sie freundlich grüßt?

Auch die Kleidung ist ein vertracktes Ding.
Darf man doch tragen was gefällt, und ist die Mode oft noch so ausgefallen und schräg, 
so hält man mich doch für Übergeschnappt, wenn ich mein bestes Festkleid zum Einkaufen ausführe, herausgeputzt wie eine Prinzessin, 
oder komplett in schwarz und in Lochstiefeln geschnürt unterwegs zur Arbeit bin
und es ist auch nicht viel besser, im Hippy-Outfit im Schwimmbad zu erscheinen und es im Leinenkleid mit Perlenstirnband, wie eine Indianerin, wieder verlassen, wenn ich mich gerade danach fühle.

So viele Dinge die Freude machen, sind eher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, möchte man sich nicht dem Urteil des Volkes aussetzen.

Doch ist es in Wirklichkeit nicht wahrscheinlicher, dass man gelebte Freude weitergibt, als dass man damit wirklich jemanden stört?

Sich zu zeigen und zu leben birgt die Gefahr angreifbar zu sein. 
Doch Leben wir besser, indem wir uns nicht leben? 


Was hat Eva uns denn gebracht mit dem Baum der Erkenntnis?
Dem "Wissen" was gut und böse ist, dem "Erkennen" der eigenen Nacktheit der Scham.. mit all den passenden Anstandsregeln?

"Ihr müsst umkehren und werden wie die Kinder," so steht es.. 
unbedarft, neugierig und lebendig..


denn Wissen ist zwar Macht.. aber 

"Nicht wissen und leben, macht frei und glücklich!"

 

 


SEHNSUCHT


"Ankommen"

 
Ich möchte jetzt einfach nur losfahren.
Losfahren damit ich losgefahren bin -
damit ich ankomme.
 
Ich möchte einfach nur Glauben!
Glauben dass du auf mich wartest – 
Wartest, weil ich nicht austauschbar bin. 
 
Ich möchte einfach nur wissen!
Wissen damit ich weiß - 
Weiß, dass ich drauf vertrauen kann.
 
Ich möchte einfach nur mit dir sein.
Mit dir sein,
wo ich sein kann..

Glücklich… mit Dir!

VERLIEBTHEIT


"Losgelöst"

Ich versinke in deinem Duft.

Es gibt nichts anders mehr..

umhüllt – beschützt – ganz losgelöst

 

Ich versinke in deiner Stimme.

Ihr Klang verbindet sich mit mir..

berührt mich, streichelt mein Selbst.

 

Ich versinke in deinen Worten.

Sie tragen mich..

dringen in mich ein, erheben mich, dürfen sein.

 

Ich versinke in deinen Armen.

Sie halten mich fest, zart, stark, 

machen meinen Körper erst wahr.

 

Ich versinke in deinen Welten.

Sie verbinden sich mit meinen.

Vorstellungen - grenzenlos - frei,

 

wunderbar.

PERSPEKTIVE


"Die falschen Fragen"

Wie lebt man ein Leben, das man als nicht lebenswert empfindet?
Wie lebt man ein Leben, das man nicht haben kann?

Wie lebt man ein Leben, das nicht sein soll?

Wie lebt man ein Leben, das nicht willkommen war?

Wie lebt man ein Leben, das nicht sein durfte?

Wie lebt man ein Leben, das man sich nicht aussuchen durfte?

Wie lebt man ein Leben, das einem nicht mehr gefällt?

Wie lebt man ein Leben, das einen krank macht?

Wie lebt man ein Leben, bis man stirbt ohne daran zu sterben?

FREUDE


"Die Wiese"


Schwungvoll hüpft und springt mein Körper über die Wiese,
mit großen Sprüngen mal weit, mal hoch über die langen Halme der Graswedel.
Ich werde langsamer, breite die Arme aus und drehe mich im Kreis.
Erst langsam, dann schneller, immer schneller.

Meine Seele ist frei, mein Geist ist beim Spaß dabei.. 
schneller und schneller.
Alles scheint sich zu drehen, meine Augen können nichts mehr fassen, alles fliesst, verschwimmt, kein Haltepunkt mehr, doch wozu auch.. die weiche Wiese fängt mich auf.

Mein pockendes Herz klopft wild den fröhlichen Takt des Lebens zum nächsten tiefen Atemzug.
Die Sonne scheint, alles ist hell und freundlich. Ich höre Grillen zirpen, ganz laut, ganz nah, Bienen summen und Grashalme rascheln im zarten Wind, der über meine nackte Haut streicht.

Keiner da, nur ich und das Lachen.

Ich schließe die Augen, fühle die Erde unter meinem Körper, mich haltend, angenehm kühl und beruhigend fest.

Meine Nase kitzelt und ich muss niessen.
Ein perfekter Moment.

HOFFNUNGSLOSIGKEIT


"Aus dem Dunkel"


Es leuchtet heraus aus dem Dunkel das Lichte..

der ständigen Zeiten Wiederkehr.

Wie als Kind noch geschaut mit staunendem Blicke,

so fühle ich nun keine Freude mehr.

 

Hab so viel erfahren, so viel gesehen,

was einen Menschen bewegen, begeistern kann,

doch ohne zu teilen die Augenblicke,

mich nur noch das Sterben für sich gewann.

 

So steck ich nun fest zwischen Tod und Leben,

seh um mich herum Menschen hoffen und streben..

Doch in meiner Brust ist ein rein gar Nichts mehr..

bin zwar außen noch da, doch innen leer.

Das kurzeste Gedicht der Welt



 "Du"!